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Koch an Eleganti: "Damit hast Du nämlich nicht Klarheit, sondern Verwirrung geschaffen!"

17. Juni 2024 in Schweiz, 39 Lesermeinungen
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Kardinal Koch wehrt sich gegen den Häresie-Vorwurf durch Weihbischof Eleganti. Dieser hatte das jüngste Rom-Schreiben "Der Bischof von Rom" auf seiner Website kritsiert


Rom-Chur (kath.net)

Kar­di­nal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, hat in einem Offe­nen Brief deutliche Kritik an Aussagen des Churer Weihbischofs Marian Eleganti geübt, nachdem dieser das jüngste römische Schreiben "Der Bischof von Rom" kritisiert hatte. Das jüngste Rom-Schreiben wurde mit Zustimmung des Papstes vom "Dikasterium für die Einheit der Christen" veröffentlicht. Koch erinnerte Eleganti, dass es  sich bei diesem Dokument nicht um einen Lehrtext handle, sondern um einen Studientext, der eine Synthese der Antworten bietet, die verschiedene christliche Kirchen auf die Enzyklika «Ut unum sint» von Papst Johannes Paul II. gegeben haben, und der Ergebnisse der in den vergangenen Jahrzehnten geführten ökumenischen Dialoge über diese Thematik. "Wenn man diesen Charakter eines solchen Textes ernst nimmt, verbietet es sich, die darin zitierten Aussagen mit den Überzeugungen des Herausgebers einfach zu identifizieren. Es handelt sich auch nicht um eine lehrmässige Äusserung der katholischen Kirche, sondern um ein Studiendokument mit Vorschlägen für weitere ökumenische Gespräche", betont Koch.

Eleganti hat in einem Text, den er auf seiner Homepage veröffentlicht hat, unter anderem gemeint, dass es nicht darum gehen könne, das Petrusamt so lange herabzustufen, bis es für möglichst viele getrennte Christen akzeptabel sei und dass eine unfehlbare Dogmatisierung des Petrusamtes vorliege. Dadurch könne die Beantwortung der Frage, worin das Petrusamt besteht, und wie es ausgeübt wird kein Ergebnis von Verhandlungen sein, die nach dem grössten oder kleinsten gemeinsamen Nenner suchen.

Koch erwiderte, dass die Eleganti-Behauptungen, in dem Vatikanischen Dokument werde die Akzeptanz der römisch-katholischen päpstlichen Jurisdiktion durch die anderen Christen als «Kriterium für seine Gültigkeit und Legitimität» gesehen und dementsprechend werde dann das Papsttum entweder neu und damit anders verstanden oder ausgeübt als bisher, schlicht falsch seien. Wörtlich schreibt der Kardinal: "Die im Dokument angeführten Aussagen aus den ökumenischen Dialogen werden nicht als «Kriterium für die Gültigkeit und Legitimität» der Papstdogmen angeführt, sondern als Beiträge, die dazu dienen sollen, die von den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. gewünschten und geförderten ökumenischen Gespräche über die konkrete Ausübung des päpstlichen Primates weiterzuführen und zu vertiefen, im klaren Bewusstsein, dass über alle in dem Dokument gemachten Vorschläge nicht Theologen, sondern der Papst entscheiden wird."


Der Kardinal stellte auch klar, dass die es keineswegs darum gehe, die Papstdogmen des Ersten Vatikanischen Konzils zu verabschieden. "Das Dokument folgt keineswegs Deiner etwas simplen Zusammenfassung: «Vergesst die Dogmatisierung des römischen Jurisdiktionsprimats auf dem Ersten Vatikanum und kehrt in die Reformationszeit, ins erste Jahrtausend und überhaupt in die apostolische Zeit zurück.» Im Dokument wird im Gegenteil vorgeschlagen, dass die Katholische Kirche im Blick auf das Erste Vatikanische Konzil nach neuen Ausdrucksformen und einem neuen Vokabular sucht, das aber der ursprünglichen Intention treu bleibt und in die Ekklesiologie der Communio integriert wird, in der kein geringerer als der damalige Kardinal Joseph Ratzinger «das eigentliche Herzstück des II. Vatikanum», genauer «das Neue und zugleich ganz Ursprüngliche, das uns dieses Konzil geschenkt hat», gesehen hat.

Koch betonte auch, dass  er als Katholik davon ausgehe, dass die Führung der Kirche durch den Heiligen Geist nicht beim Ersten Vatikanum Halt gemacht habe, sondern dass der Heilige Geist die Kirche auch auf dem Zweiten Vatikanum begleitet habe und es auch heute tue. Wörtlich schreibt Koch: "Ob auch Du diese Überzeugung teilst, ist mir aus Deiner Stellungnahme nicht ersichtlich geworden. Denn auf der einen Seite betonst Du – mit Recht – die bleibende Gültigkeit des Ersten Vatikanum, während Du auf der anderen Seite recht eigenwillig das Zweite Vatikanische Konzil kritisierst, indem Du ihm beispielsweise vorwirfst, es habe das Selbstverständnis und den Anspruch der Katholischen Kirche «semantisch verwedelt». Ich bin mir dessen bewusst, dass das in der Kirchenkonstitution «Lumen gentium» verwendete «subsistit in» von verschiedenen Theologen falsch, nämlich nicht im Licht des Christusbekenntnisses interpretiert wird. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich um eine lehrmässige Entscheidung eines Konzils handelt, die nicht in Frage zu stellen, sondern richtig zu interpretieren ist. Es gibt zudem authentische Interpretationen des «subsistit» von Papst Johannes Paul II. und Benedikt XVI., die durchaus in eine andere Richtung als die Deine gehen."

Koch fragte, warum Eleganti den Jurisdiktionsprimat des Papstes und den kirchlichen Gehorsam gegenüber den päpstlichen Lehrentscheidungen in absoluter Weise einfordere, dieser selber aber die Freiheit in Anspruch genommen habe, nicht wenige jurisdiktionelle Entscheidungen des gegenwärtigen Papstes in Frage zu stellen oder gar abzulehnen. "Ich vermag nicht zu verstehen, wie beides zusammengehen soll", betonte Koch dann wörtlich.

Der Kardinal übt dann scharfe Kritik an Eleganti, weil dieser behauptet habe, dass in Vatikan-Schreiben im Blick auf das Papstamt das Menschliche vom Göttlichen getrennt  werde. Außerdem werde "von Eleganti in den Raum gestellt, das Papsttum sei «göttlichen und menschlichen Rechts», und solches werde behauptet, «um dadurch vor allem seine jurisdiktionelle Ausübung historisch-kritisch zu relativieren», und dies bedeute, «nicht an die Kirche als göttliche Institution zu glauben». Deine ungeheuerliche Aussage hat jedoch überhaupt keinen Anhalt im Dokument", betont Koch und erinnert Eleganti, dass sogar das christologische Dogma von Chalkedon von Jesus Christus als einer Person mit zwei Naturen, einer göttlichen und einer menschlichen spricht. "Und in Analogie zum Christusbekenntnis sagt die Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils Ähnliches über die Kirche: «Die mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle Leib Christi, die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht als zwei verschiedene Grössen zu betrachten, sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem und göttlichem Element zusammenwächst» («Lumen gentium», Nr. 8). Während für Dich die Kirche offensichtlich allein eine «göttliche Wirklichkeit» ist, spricht demgegenüber das Konzil von einer «einzigen komplexen Wirklichkeit»."

Koch schreibt weiters abschließend in seinem Offenen Brief:

 "Wenn nun aber selbst in Christus und in der Kirche auch ein menschliches Element gegeben ist, wie soll dann, wie Du behauptest, das Papsttum allein göttlich ohne jedes menschliche Element sein? Wäre dem nämlich so, hätte der heilige Papst Johannes Paul II. niemals zwischen dem Wesen des päpstlichen Primates und der Form seiner konkreten Ausübung unterscheiden und die Christen anderer Kirchen einladen dürfen, mit ihm in einen Dialog über die Ausübung des päpstlichen Primates einzutreten, um eine Form zu finden, die auch von anderen Kirchen angenommen werden kann. Doch genau dies hat der heilige Papst in seiner Enzyklika über den ökumenischen Einsatz «Ut unum sint» getan, weil er überzeugt gewesen ist, dass die Wiederherstellung der Einheit der Christen der Wille des Herrn ist und dass er auch diesem Willen gehorsam sein muss. Es ist deshalb seine tiefste Überzeugung gewesen, dass dem Papst der Dienst an der Einheit nicht nur der eigenen römisch-katholischen Kirche, sondern aller Christen anvertraut ist und sein Amt im Bereich der Ökumene «seine ganz besondere Erklärung» findet.

Diese von Papst Johannes Paul II. vorgenommene Unterscheidung zwischen dem Wesen des Primats und der konkreten Form seiner Ausübung hat auch Papst Benedikt XVI. aufgenommen und die damit verbundene Einladung an die Ökumene erneuert, beispielsweise bei seiner Begegnung mit Vertretern von Orthodoxen Kirchen in Freiburg i. Br. im September 2011: «Wir wissen, dass es vor allem die Primatsfrage ist, um deren rechtes Verständnis wir weiter geduldig und demütig ringen müssen. Ich denke, dabei können uns die Gedanken zur Unterscheidung zwischen Wesen und Form der Ausübung des Primates, die Papst Johannes Paul II. in der Enzyklika Ut unum sint (Nr. 95) vorgenommen hat, weiterhin fruchtbare Anstösse geben.»

Ich führe diese Texte bewusst an, um Dich um Verständnis zu bitten, dass ich es von mir weisen muss, schlimmer Häresien bezichtigt zu werden, wenn ich ein wichtiges Thema des Lehramtes der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. aufgreife und weiterführe. Von diesem Anliegen war und ist das «Dikasterium für die Förderung der Einheit der Christen» geleitet; und dies zu betonen bin ich angesichts Deiner Behauptungen meinen Mitarbeitern zu ihrer orthodoxen Ehrenrettung schuldig.

Ich bin Dir dankbar, dass Du Deine Stellungnahme als «erste spontane» Reaktion bezeichnest. Dies ist sie in der Tat. Und Du wärst zweifellos gut beraten gewesen, vor einer Veröffentlichung Deiner Stellungnahme die Sache eingehend zu studieren. Ich bitte Dich zudem, in dieses Studium auch die wegweisende Enzyklika «Ut unum sint» von Papst Johannes Paul II. und das ökumenische Lehramt von Papst Benedikt XVI. mit einzubeziehen. Du wirst dann hoffentlich einsehen können, dass auch ich den lehrmässigen Wegweisungen dieser Päpste verpflichtet bin und mich weiterhin bemühe, ihnen zu folgen.

Ich weiss ansonsten Deine Leidenschaft für die Klarheit und Reinheit des katholischen Glaubens zu schätzen, und ich stimme Dir in vielem zu, was Du in Deiner Stellungnahme grundsätzlich geschrieben hast. Doch die Art und Weise, mit der Du das Dokument des «Dikasteriums für die Einheit der Christen» missverstehst und verurteilst, darf ich um der Gläubigen willen nicht stehen lassen. Damit hast Du nämlich nicht Klarheit, sondern Verwirrung geschaffen. Denn wenn sich die Leidenschaft für die Klarheit nicht auf das Ganze des Glaubens und dessen autoritative Verkündigung der Päpste bezieht, droht die Gefahr, dass die Leidenschaft für die Klarheit ins Subjektive abgleiten und dann das Subjektive zum Richter selbst über das kirchliche Lehramt werden kann.


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