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| Franz von Sales: radikale, befreiende Wirklichkeit der Liebe Gottes24. Jänner 2014 in Chronik, 2 Lesermeinungen Der hl. Franz von Sales durchlitt er die wichtigsten theologischen Fragen seiner Zeit als wahres geistliches Drama. Darauf hatte Papst Benedikt XVI. 2011 während einer Generalaudienz über den Kirchenlehrer hingewiesen Vatikan (kath.net) Der hl. Franz von Sales durchlitt er die wichtigsten theologischen Fragen seiner Zeit als wahres geistliches Drama. Doch dann fand den Frieden in der radikalen und befreienden Wirklichkeit der Liebe Gottes: ihn zu lieben, ohne irgend etwas dafür zu verlangen und auf die göttliche Liebe zu vertrauen; nicht mehr zu fragen, was Gott mit mir machen wird. Dies erläuterte Papst Benedikt XVI. in der Generalaudienz am 2.3.2011. Anlässlich des Festtages des hl. Franz von Sales dokumentiert kath.net die Ansprache in voller Länge: Liebe Brüder und Schwestern! »Dieu est le Dieu du coeur humain« [Gott ist der Gott des menschlichen Herzens] (Abhandlungen über die Gottesliebe, I,15; Deutsche Ausgabe der Werke des hl. Franz von Sales, Bd. 3, Eichstätt und Wien 1957, S. 87): In diesen scheinbar einfachen Worten erkennen wir die Prägung der Spiritualität eines großen Lehrmeisters, über den ich heute zu euch sprechen möchte: des heiligen Bischofs und Kirchenlehrers Franz von Sales. Er wurde 1567 in einem französischen Grenzgebiet geboren, als Sohn des Herrn von Boisy, einer alten Adelsfamilie in Savoyen. Sein Leben spielte sich im Übergang zwischen zwei Jahrhunderten ab, dem 16. und dem 17., er nahm das Beste der Lehren und kulturellen Errungenschaften des ausgehenden Jahrhunderts in sich auf und versöhnte das humanistische Erbe mit dem Streben nach dem Absoluten, das den mystischen Strömungen zu eigen war. Er erhielt eine sehr gründliche Ausbildung: in Paris absolvierte er die höheren Studien, wobei er sich auch der Theologie widmete, und an der Universität von Padua auf Wunsch seines Vaters das Studium der Rechtswissenschaft begann, das er hervorragend abschloß mit dem Doktorat in »utroque iure« Kirchenrecht und Zivilrecht. In seiner harmonisch verlaufenden Jugend befaßte er sich mit dem Denken des hl. Augustinus und des hl. Thomas von Aquin. Dabei hatte er eine tiefe Krise, die ihn dazu führte, über sein ewiges Heil und Gottes Prädestination für ihn nachzudenken. So durchlitt er die wichtigsten theologischen Fragen seiner Zeit als wahres geistliches Drama. Er betete inständig, aber der Zweifel quälte ihn so stark, daß er einige Wochen lang fast gar nicht essen und schlafen konnte. Auf dem Höhepunkt der Prüfung begab er sich in die Kirche der Dominikaner in Paris, öffnete sein Herz und betete: »Was auch immer geschehen mag, Herr, der du alles in deinen Händen hältst und dessen Wege Gerechtigkeit und Wahrheit sind; wofür auch immer du mich bestimmt hast ; dich, der du stets ein gerechter Richter und barmherziger Vater bist, werde ich lieben, o Herr [ ], ich werde dich hier lieben, o mein Gott, und werde immer auf deine Barmherzigkeit hoffen, und werde dich stets aufs Neue loben O Herr Jesus, du sollst stets meine Hoffnung und mein Heil im Land der Lebenden sein« (1 Proc. Can., Bd. I, Art. 4). Der 20jährige Franz fand den Frieden in der radikalen und befreienden Wirklichkeit der Liebe Gottes: ihn zu lieben, ohne irgend etwas dafür zu verlangen und auf die göttliche Liebe zu vertrauen; nicht mehr zu fragen, was Gott mit mir machen wird: Ich liebe ihn einfach, unabhängig davon, was er mir gibt oder nicht gibt. So finde ich den Frieden, und das Problem der Prädestination über das in jener Zeit diskutiert wurde war gelöst, weil er nicht mehr suchte als das, was er von Gott bekommen konnte. Er liebte ihn einfach, er überließ sich seiner Güte. Und das wird das Geheimnis seines Lebens sein, das in seinem Hauptwerk zutage tritt: den Abhandlungen über die Gottesliebe. Gegen den Widerstand seines Vaters folgte Franz dem Ruf des Herrn und wurde am 18. Dezember 1593 zum Priester geweiht. 1602 wurde er Bischof von Genf, in einer Zeit, als die Stadt Hochburg des Calvinismus war, so daß der Bischofssitz sich sogar »in der Verbannung« in Annecy befand. Als Hirte einer armen und von Schwierigkeiten heimgesuchten Diözese, in einer Gebirgslandschaft, deren Härte und Schönheit ihm wohlbekannt war, schreibt er: »Ich bin ihm [Gott] in seiner ganzen Güte und Milde selbst inmitten unserer höchsten und rauhesten Berge begegnet, wo viele einfache Seelen ihn in aller Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit lieben und anbeten, wo die Ziegen und Gemsen inmitten schrecklicher Gletscher herumspringen und sein Lob künden« (Brief an Mutter von Chantal, Oktober 1606; Deutsche Ausgabe der Werke des hl. Franz von Sales, Bd. 5: Briefe 1: An Johanna Franziska von Chantal, Eichstätt und Wien 1963, S. 133). Dennoch hat sein Leben und seine Lehre auf das Europa seiner Zeit und der folgenden Jahrhunderte einen immensen Einfluß gehabt. Er ist Apostel, Prediger, Schriftsteller, Mann der Tat und des Gebets; darum bemüht, die Ideale des Konzils von Trient umzusetzen; beteiligt an der Auseinandersetzung und am Dialog mit den Protestanten, wobei er jenseits der notwendigen theologischen Diskussion immer mehr die Wirkkraft der persönlichen Beziehung und der Liebe erfährt. Er war auch mit diplomatischen Missionen auf europäischer Ebene sowie mit sozialen Aufgaben zur Vermittlung und zur Versöhnung betraut. Der hl. Franz von Sales ist jedoch vor allem ein Seelenführer: Die Begegnung mit einer jungen Dame, der Frau von Charmoisy, wird ihn anregen, eines der meistgelesenen Bücher der Moderne zu schreiben, die Anleitung zum frommen Leben; aus seiner tiefen geistlichen Gemeinschaft mit einer außergewöhnlichen Persönlichkeit, der hl. Johanna Franziska von Chantal, wird eine neue Ordensfamilie entstehen, der Orden von der Heimsuchung Mariens, der wie der Heilige es wollte gekennzeichnet ist durch eine völlige Weihe an Gott, die in Einfachheit und Demut gelebt wird, im außergewöhnlich guten Tun gewöhnlicher Dinge. Er schreibt: Ich »will, daß meine Töchter keinen anderen Anspruch erheben, als [unseren Herrn] durch ihre Demut zu ehren« (Brief an Erzbischof de Marquemont, Juni 1615; ebd. Bd. 8, Briefe 4: Korrespondenz im Überblick, Eichstätt 1973, S. 231). Er stirbt 1622 im Alter von 55 Jahren, nach einem Leben, das von der Härte der Zeit und den apostolischen Mühen gezeichnet war. Das Leben des hl. Franz von Sales war relativ kurz, wurde aber mit großer Tiefe gelebt. Von der Gestalt dieses Heiligen geht der Eindruck einer Erfüllung aus, die man nur selten findet. Sie zeigt sich in der inneren Ruhe seiner intellektuellen Suche, aber auch im Reichtum seiner Empfindungen, in der »Sanftheit« seiner Lehren, die einen großen Einfluß auf das christliche Gewissen hatten. Er verkörperte mehrere Bedeutungen des Begriffs »Menschlichkeit«, die dieses Wort damals wie heute annehmen kann: Kultur und Höflichkeit, Freiheit und Zärtlichkeit, Adel und Solidarität. Im Aussehen hatte er etwas von der Majestät der Landschaft, in der er lebte, und er bewahrte auch ihre Einfachheit und Natürlichkeit. Die altehrwürdigen Worte und Bilder, in denen er sich ausdrückte, klingen auch in den Ohren des heutigen Menschen ganz unerwartet wie eine vertraute Muttersprache. An Philothea, die ideelle Empfängerin seiner Anleitung zum frommen Leben (1607), richtet Franz von Sales eine Aufforderung, die damals revolutionär erscheinen konnte: die Aufforderung, völlig Gott zu gehören, die Anwesenheit in der Welt und die Pflichten des eigenen Standes in Fülle zu leben. Ich »will gerade jenen helfen, die in der Stadt, im Haushalt oder bei Hof leben [ ]« (Vorwort zur Anleitung zum frommen Leben; ebd., Bd. 1, Eichstätt-Wien 1959). Das Dokument, mit dem Papst Pius IX. ihn über zwei Jahrhunderte später zum Kirchenlehrer erklären wird, hebt diese Erweiterung der Berufung zur Vollkommenheit, zur Heiligkeit noch einmal hervor. Dort heißt es: »[Die wahre Frömmigkeit] ist bis zum Thron des Königs vorgedrungen, in das Zelt der Heerführer, in die Gerichtssäle, in die Ämter, in die Werkstätten und sogar in die Hütten der Hirten [ ]« (Breve Dives in misericordia, 16. November 1877). So entstand jener Aufruf an die Laien, jene Sorge um die Weihe der weltlichen Dinge und die Heiligung des Alltags, die das Zweite Vatikanische Konzil und die Spiritualität unserer Zeit immer wieder hervorheben. Es zeigte sich das Ideal einer versöhnten Menschheit, im Einklang von weltlicher Tätigkeit und Gebet, von weltlichem Stand und Streben nach Vollkommenheit, mit Hilfe der Gnade Gottes, die das Menschliche durchdringt, es läutert, ohne es zu zerstören, und es in die göttlichen Höhen erhebt. Theotimus, dem erwachsenen, geistlich reifen Christen, an den er einige Jahre später seine Abhandlungen über die Gottesliebe richtet (1616), bietet der hl. Franz von Sales eine komplexere Lehre an. Sie setzt zu Anfang eine bestimmte Sichtweise vom Menschen, eine Anthropologie voraus: Der »Verstand« des Menschen oder die »vernunftbegabte Seele«, wird dort als harmonischer Bau betrachtet, als Tempel, der in mehrere Räume unterteilt ist, die sich um einen Mittelpunkt herum befinden. Diesen nennt er, ebenso wie die großen Mystiker, »erhabene Höhe«, »Gipfel« des Geistes oder »höchste Spitze« der Seele. Dies ist der Punkt, an dem der Verstand, nachdem er all seine Stufen durchlaufen hat, »die Augen schließt« und die Erkenntnis eins wird mit der Liebe (vgl. Buch 1, Kap.12). Daß die Liebe in ihrer theologischen, göttlichen Dimension der Seinsgrund aller Dinge ist, in einem Aufstieg, der keine Brüche und Abgründe zu kennen scheint, hat der hl. Franz von Sales in einem berühmten Wort zusammengefaßt: »Der Mensch ist Vollendung des Weltalls, der Geist Vollendung des Menschen, die Liebe Vollendung des Geistes und die göttliche Liebe Vollendung der Liebe« (ebd., Bd. 2, S. 168). In einer großen Blütezeit der Mystik sind die Abhandlungen über die Gottesliebe im wahrsten Sinne des Wortes eine Summa und gleichzeitig ein faszinierendes literarisches Werk. Ihre Beschreibung des Weges zu Gott geht von der »natürlichen Neigung« aus (ebd., Buch 1, Kap. 16), die in das Herz des wenngleich sündigen Menschen eingeschrieben ist, Gott über alles zu lieben. Nach dem Vorbild der Heiligen Schrift spricht der hl. Franz von Sales über die Vereinigung von Gott und Mensch, indem er eine ganze Reihe von Bildern zwischenmenschlicher Beziehungen entwickelt. Sein Gott ist Vater und Herr, Bräutigam und Freund; er hat mütterliche Züge und die einer Amme; er ist die Sonne, die sogar von der Nacht auf geheimnisvolle Weise offenbart wird. Ein solcher Gott zieht den Menschen an sich mit Banden der Liebe, also der wahren Freiheit: »Denn die Liebe hält keine Sträflinge und keine Sklaven, sondern stellt alles unter ihren Gehorsam mit einer so bezaubernden Kraft, daß zwar nichts so stark ist wie die Liebe, aber auch nichts so liebenswert wie ihre Kraft« (ebd., Buch 1, Kap. 4, S. 63). In der Abhandlung unseres Heiligen finden wir eine tiefe Betrachtung über den menschlichen Willen und die Beschreibung seines Fließens, Dahinscheidens, Sterbens, um zu leben (vgl. ebd., Buch 9, Kap. 13) in der völligen Hingabe nicht nur an den Willen Gottes, sondern an das, was ihm gefällt, sein »bon plaisir«, sein Wohlgefallen (vgl. ebd., Buch 9, Kap. 1). Am Höhepunkt der Vereinigung mit Gott stehen die Verzückungen der kontemplativen Ekstase ebenso wie das Strömen der konkreten Nächstenliebe, die auf die Nöte der anderen achtet und die er »Ekstase der Tat und des Lebens« nennt (ebd., Buch 7, Kap. 6). Wenn man das Buch über die Gottesliebe und noch mehr die vielen Briefe der Seelenführung und der geistlichen Freundschaft liest, dann merkt man, welch ein Kenner des menschlichen Herzens der hl. Franz von Sales war. An die hl. Johanna von Chantal schreibt er: »Dies soll die Grundregel unseres Gehorsams sein: Ich schreibe sie in großen Buchstaben: Alles aus Liebe tun und nichts aus Zwang! Mehr den Gehorsam lieben, als den Ungehorsam fürchten! Ich lasse Ihnen den Geist der Freiheit; nicht jenen, der den Gehorsam verneint, denn dies ist die Freiheit des Fleisches, sondern jenen, der Zwang, Skrupel und Hast ausschließt« (Brief vom 14. Oktober 1604; ebd. Bd. 5, S. 58). Nicht ohne Grund finden wir am Ursprung vieler Wege der Pädagogik und der Spiritualität unserer Zeit die Spur dieses Lehrmeisters, ohne den es weder den hl. Johannes Bosco gegeben hätte noch den heroischen »kleinen Weg« der hl. Thérèse von Lisieux. Liebe Brüder und Schwestern, in einer Zeit wie der unseren, die die Freiheit sucht, auch mit Gewalt und innerer Unruhe, darf uns die Aktualität dieses großen Lehrmeisters der Spiritualität und des Friedens nicht entgehen, der seinen Schülern den »Geist der Freiheit« übermittelt der wahren Freiheit am Höhepunkt einer faszinierenden und vollständigen Lehre über die Wirklichkeit der Liebe. Der hl. Franz von Sales ist ein vorbildlicher Zeuge des christlichen Humanismus; mit seinem vertrauten Stil, mit Gleichnissen, die zuweilen den Flügelschlag der Poesie besitzen, erinnert er daran, daß der Mensch tief im Innern die Sehnsucht nach Gott eingeschrieben trägt und daß er nur in ihm die wahre Freude und seine völlige Verwirklichung findet. © Copyright 2011 - Libreria Editrice Vaticana Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! Lesermeinungen
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