28. Oktober 2024 in Weltkirche
Weigl fragt: Gehört die Zukunft der Kirche alternden Progressiven, die geistig in den 1970er Jahren feststecken, oder jungen Menschen voller Begeisterung für das Evangelium, die der Lehre der Kirche und Johannes Paul II./Benedikt XVI. treu bleiben?
Rom (kath.net/pl) „Meditation über eine römische Pizza“, so augenzwinkernd-humorvoll kommt der Titel einer wichtigen Reflexion des renommierten US-amerikanischen Theologen George Weigel daher. Doch nach wenigen Einleitungssätzen geht er in media res: Wenn er sich in Rom aufhalte, treffe er sich abends zunächst mit jungen Leuten in seiner Wohnung „und eine Stunde lang teilen wir Wein, Snacks, aktuelle persönliche Geschichten und – manchmal sarkastische – Beobachtungen zu kirchlichen, kulturellen und politischen Themen“, dann gehe man irgendwo im Borgo Pio essen, dabei werde Pizza bevorzugt, deshalb nennt Weigel diese Gruppe scherzhaft „Pizza-Gruppe“. Die Teilnehmer der Gruppe bestehen vorwiegend aus amerikanisch geprägten Europäern, teilweise aus seinen früheren Studenten des Krakauer Tertio Millennio-Seminar über die freie Gesellschaft, andere hätten beispielweise „meinen Kurs über das Leben und Denken des heiligen Johannes Paul II. an der Päpstlichen Universität St. Thomas von Aquin, dem Angelicum, besucht. Wieder andere sind Freunde von Freunden.“ „Jeder von ihnen wäre ein Kandidat für den Traumschwiegersohn oder die Traumschwiegertochter eines jeden vernünftigen Elternteils.“. Dieser Kolumnenbeitrag wurde in „First Things“ veröffentlicht und wie immer in das offizielle Diözesanmagazin der Diözese Denver übernommen, dem „Denver Catholic“.
Diese Pizza-Gruppe weise einige gemeinsame Merkmale auf, schildert Weigel: „Sie sind alle gründlich bekehrte christliche Jünger, die den Herrn Jesus und Unsere Liebe Frau lieben. Sie besitzen eine tiefe, aber nicht aufdringliche Frömmigkeit. Sie verkörpern dynamische Orthodoxie, was bedeutet, dass sie fest an das glauben, was das Evangelium und die Kirche als wahr verkünden, auch wenn sie nach Wegen suchen, diese Wahrheiten in der Welt des 21. Jahrhunderts zum Leben zu erwecken. Sie machen sich Sorgen über die Giftmülldeponie der zeitgenössischen Kultur – nicht zuletzt, weil sie gesehen haben, welchen Schaden diese ihren Freunden und Verwandten zugefügt hat –, aber ich spüre bei ihnen nicht den Wunsch, sich in die Bunker des Sektierertums zurückzuziehen. Sie beabsichtigen, in ihren verschiedenen Berufen zu versuchen, die Welt zum Besseren zu verändern. Sie haben einen ausgeprägten Sinn für Humor und können über die Absurditäten des Augenblicks lachen, ohne zu Zynikern zu werden. … Und keiner von ihnen scheint das geringste Interesse an den ‚heißen Eisen‘ zu haben, von denen die katholischen Progressiven besessen sind.“
Vielmehr halten diese jungen Leute „die katholische Ethik der menschlichen Liebe“ für „lebensspendend und nicht verkrampft, puritanisch oder unterdrückend“. „Ihr Beispiel lädt ihre kämpfenden oder verwirrten Altersgenossen zur Bekehrung ein statt zur Mitgliedschaft in den Kohorten der ewig Bekümmerten, die darauf bestehen, dass sich die Kirche dem libertären Geist der Zeit anpassen muss, um ‚glaubwürdig‘ zu sein. Sie wissen, dass es praktisch unendlich viele Möglichkeiten gibt, Christus und der Kirche zu dienen, ohne die heiligen Weihen zu empfangen. Sie scheinen Johannes Pauls II. Vision einer Kirche missionarischer Jünger verinnerlicht zu haben, die als gläubige Laien Christi Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik evangelisieren.“
Zwar würden diese jungen Leute „in manchen Kreisen vielleicht als ‚Kultrkämpfer‘ bedauert, aber meine jungen Freunde verstehen, dass es Kämpfe gibt, die geführt werden müssen, und dass der Herr die Kirche in jedem Zeitalter dazu aufruft, eine kulturreformierende Gegenkultur zu sein. Diejenigen unter ihnen, die weiterführende Studien in Theologie und Philosophie anstreben, rüsten sich dafür, die intellektuellen Anführer genau dieser Art von Revolution zu sein.“
Weigel betont eigens, dass es sich bei diesen jungen Menschen um „glückliche Menschen“ handle, sogar „mit ansteckender Begeisterung“.
In derselben Trattoria habe er neulich „zwei sehr hochrangige amerikanische Kirchenmänner“ entdeckt, „die sich beide voll und ganz mit der progressiven katholischen Agenda identifizierten. Sie unterhielten sich mit zwei Männern mittleren Alters, die ich für Priester in Zivil hielt.“
Und als er über seine Freunde und seine Pizza nachgedacht habe, habe er sich spontan gefragt: „Wer hat die Zukunft? Die alternden Befürworter eines Marschs zurück in die katholischen Siebziger unter der Überschrift ‚Paradigmenwechsel‘? Oder diese jungen Freunde von mir, die sich von den Lehren und Beispielen Johannes Pauls II. und Benedikts XVI. inspirieren lassen und glauben, dass wir noch viel von Augustinus und Thomas von Aquin lernen können?“
Die Antwort auf diese Frage werde sich mit der Zeit ergeben, so Weigel abschließend, „aber wenn das Ziel darin besteht, eine kaputte Welt mit der heilenden, rettenden Botschaft des Evangeliums zu evangelisieren, dann setze ich auf die Pizza Group“.
George Weigel hat u.a. eine Bestseller-Biographie über Papst Johannes Paul II. geschrieben. Er hat 18 Ehrendoktorwürden erhalten sowie den Päpstlichen Orden Pro Ecclesia et Pontifice. Interessanterweise hatte noch 2017 Kardinal Theodore McCarrick in einem Schreiben Papst Franziskus Weigel heftig kritisiert, doch dann flogen McCarrick seine vermutlich vielfachen sexuellen Vergehen um die Ohren und der frühere Papstberater wurde nach heftigstem Druck durch US-amerikanische Katholiken 2019 endlich laisiert.
I have formed the happy habit of dining with a cadre of young friends I have dubbed the Pizza Group on each of my Roman excursions.https://t.co/WijYWzFC6B
— First Things (@firstthingsmag) October 24, 2024
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