Polen: Anklage gegen Ärztin wegen illegaler Abtreibungen

16. Oktober 2024 in Prolife


Im Fall eines Schuldspruchs könnte die Ärztin mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden – Bemerkenswerte einseitig gefärbte Darstellung im (deutschen) öffentlich-rechtlichen Sender rbb. Kommentar von Petra Lorleberg


Warschau (kath.net/pl) In Polen wurde von der Staatsanwaltschaft Stettin Anklage gegen die Ärztin Maria Kubisa wegen illegaler Abtreibungen in sechs Fällen erhoben. Diese Abtreibungen wurden in Polen vorgenommen und könnten gegen die dortige Rechtssituation verstoßen. Parallel führte und führt Kubisa auch im Krankenhaus Prenzlau (deutsches Bundesland Brandenburg) Abtreibungen durch, auch für polnische Frauen, dies ist nach geltender Rechtslage (beider Staaten) aber erlaubt. Das berichtete der öffentlich-rechtliche „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ (rbb) in bemerkenswert einseitiger Darstellung sowohl in Text wie auch im Video. Im Fall eines Schuldspruchs könnte die Ärztin mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, die Urteilsverkündung ist derzeit für kommenden Donnerstag anberaumt.

Die Ärztin behauptete vor laufender Kamera, dass sie den Frauen in Polen nicht zuletzt in der Corona-Zeit geholfen habe, weil diese keine Hilfe erhalten hätten, obwohl sie in Lebensgefahr geschwebt seien. Ausführlich zu Wort kommt im Beitrag eine Betroffene. Gynäkologin Kusiba behauptet, dass trotz der lebensbedrohlichen Situation dieser Patientin in Polen keine Abtreibung legal möglich gewesen wäre, sie wäre innerhalb der nächsten Stunden innerlich verblutet. Kusiba erwähnt allerdings nicht, dass im Fall akuter Lebensgefahr für die Mutter eine Abtreibung auch in Polen legal durchgeführt werden darf und dass deshalb dieses Fallbeispiel nicht überzeugend ist.

Bemerkenswert ist neben dem konkreten Fall der Anklage gegen eine Ärztin wegen illegaler Abtreibungen aber auch die journalistische Darstellung dieser Vorgänge im öffentlich-rechtlichen „rbb“ in einem Beitrag, der nicht als Meinungsbeitrag gekennzeichnet, somit als Bericht eingestuft werden muss (die ARD übernahm den Beitrag in voller Länge). Schon die Überschrift ist völlig irreleitend: „Ärzte in Brandenburg verhelfen Polinnen zu Abtreibungen – und werden juristisch verfolgt“, denn die sogenannte „Verfolgung“ findet nicht in Brandenburg, sondern in Polen statt und bezieht sich auf Fakten, die in Polen geschaffen wurden. Der Leser assoziiert aber, dass die polnische Rechtsprechung hier sogar in das deutsche Bundesland eingreife, erst die detaillierte Lektüre des Textes ergibt, dass es sich bei der Anklage der Staatsanwaltschaft Stettin nicht um solche Vorgänge handelt.

Bleiben wir bei dem mehrfach benutzten Betriff „verfolgt“ in Bezug auf abtreibende Ärzte. Der Leser assoziiert hier, dass es sich um eine „Verfolgung“ handle, analog etwa zur Verfolgung von Minderheiten. Es wird nicht aufgeschlüsselt, dass es um rechtmäßige „Strafverfolgung“ geht. Niemand aber spricht bsp. davon, dass Taschendiebe, Autobahnraser oder auch Mörder „verfolgt“ werden, wenn Justizbehörden rechtmäßig Gesetzesverstöße „verfolgen“.

Strafbar ist allerdings nach polnischem Recht tatsächlich, dass ein anderer Gynäkologe von Brandenburg aus ausschließlich in Telefon-Sprechstunden (!) schwanger Frauen in Polen berät und Termine im Krankenhaus Prenzlau (Deutschland) vermittelt.

Das Video wurde vom rbb vorwiegend verschriftlicht. Interessanterweise fehlt in der Verschriftlichung aber eine kurze Passage, die im Video unter Minute 2,40 ff zu hören ist. Dort darf die Gynäkologin Maria Kubisa im Hinblick auf die umkämpfte Gesetzeslage zum polnischen Abtreibungsrecht wörtlich vertreten: „Solange in Polen die Kirche regiert, da kann sich nichts Gutes tun.“ Sie darf weiter behaupten: „Durch den Einfluss der Kirche auf die Bauernpartei“ hätten die Parlamentsabgeordneten „schlecht gevotet“ und es hätten nur wenige Stimmen gefehlt, um die polnische Abtreibungsgesetzgebung zu liberalisieren. Es erfolgte keine Einordnung dieser Aussage durch die Moderation. Diese unkritisch wiedergegebene Behauptung in einem öffentlich-rechtlichen Sender, dass es sich in Polen eigentlich nicht um eine echte Demokratie handle, sondern dass „die Kirche regiert“, wurde in der verschriftlichten Darstellung vorsichtshalber ausgelassen.

Ärzte helfen in der Uckermark Frauen aus Polen, die abtreiben wollen oder müssen. In ihrem Heimatland sind Schwangerschaftsabbrüche immer noch illegal. Die Mediziner gehen dabei ein Risiko ein.https://t.co/fiNGy5bR1G

— rbb|24 (@rbb24) October 11, 2024

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