"Wen kann man denn heute noch wählen? Und was ist mit dem Lebensschutz?"

5. März 2024 in Prolife


Passauer Bischof Oster kritisiert in einem Schreiben linke und rechte Extreme und will sich für eine weitere Teilnahme am "Marsch für das Leben" überzeugen lassen


Passau (kath.net)
Der Passauer Bischof Stefan Oster hat am Montag einen Aufsatz über das Thema "Wen kann man denn heute noch wählen? Und was ist mit dem Lebensschutz?" veröffentlicht und zu seinen umstrittenen Aussagen über eine (Nicht)Teilnahme bei zukünftigen Lebensschutzveranstaltungen Stellung genommen.

Zuerst hat Ostern die Stellungnahme der DBK verteidigt, in der von der Wahl der AfD abgeraten wurde. "Nicht wenige Mitglieder, die die Partei früher anders geprägt haben, haben sie verlassen. Nach meiner Beobachtung wird die Kultur des politischen Diskurses auch durch die AfD und ihre Entwicklung fortwährend schlechter, die Polarisierungen nehmen massiv zu. Ein wirkliches Interesse an demokratischer Willens- und Meinungsbildung im Diskurs kann ich dort kaum erkennen, fundamentale Systemkritik gegen alles, was nach 'die da oben' aussieht, dagegen immer stärker. Aus all diesen und anderen Gründen, die die Erklärung bringt, trage ich diesen Text auch mit", schreibt Oster.

Dann erinnert der Passauer Bischof aber an die Extreme am "linken Rand" und macht dies zum Thema, was bei der DBK kein Thema is: Der Einfluss linker, vor allem linksextremer politischer Strömungen. Oster schreibt dazu, dass diese ebenfalls zu dieser Polarisierung beitragen und sich der rechte und der linke Rand vor allem im Blick auf Identitätsfragen ähneln. "Hier das völkisch-identitäre Denken, dort ein wokes Identitätsdenken. Jenes will Deutschland möglichst ethnisch sauber halten, dieses sieht Unterdrückung gegen Minderheiten überall am Werk – oft aus dem einzigen Grund, dass es eben Minderheiten sind. Und solches Denken will dann von links eine Vorstellung von 'Vielfalt' ausdrücklich ebenfalls gegen etablierte politische Strukturen befördern – um diese des vermeintlichen Machtmissbrauchs zu überführen."

Für den Bischof sei es paradox, dass sich dabei ausgerechnet unter dem Stichwort „Vielfalt“ eine „cancel culture“ breitmache, die ihrerseits hoch autoritär nur die eigene Auswahl dessen zulässt, was zu „Vielfalt“ gehören darf und was nicht. Oster schreibt dann: "Alles, was nach 'Patriarchat' riechen könnte, jedenfalls nicht. Da wie dort geht es nach meiner Überzeugung um den Umbau der Gesellschaft von ihren Wurzeln her. Und wir wissen, dass solcher Umbau – da wie dort – letztlich auf autoritäre Systeme zielt, die ihre Positionen mit Macht und Unterdrückung durchsetzen werden – und gegen eine Form eines freiheitlichen Rechtsstaates."

Oster kritisiert dann, dass heute schnell alles schon „rechts“ erscheine, nur weil es nicht „links“ ist. "Und wie wenig zählen in unserer Parteienlandschaft generell noch christliches Menschenbild im Blick auf Lebensschutz oder Familienbild? Und wer wagt es noch, ehrlich die Probleme zu benennen, die sich durch starke Zuwanderung vor allem dann ergeben, wenn Integration nicht oder nur mäßig gelingt – ohne als rechts oder islamophob bezeichnet zu werden?", schreibt der Bischof

Oster macht noch drei weitere Tendenzen aus und erinnert daran an eine "Zeitenwende", wie sie Papst Franziskus zum Thema macht. Wörtlich schreibt der Bischof von Passau: "Nie zuvor – so meine ich – wurde in unserer ursprünglich christlich geprägten Gesellschaft assistierter Suizid als Geschäftsmodell ermöglicht, nie zuvor wurde in dieser Deutlichkeit das Töten von Kindern im Mutterleib ausdrücklich als Menschenrecht proklamiert, nie zuvor hat man bereits Kindern vorgeschlagen, dass der Wechsel des eigenen biologischen Geschlechts eine echte Option sein könnte."

Oster betont, dass er Menschen, die die AfD wählen wollen, keineswegs verurteilen möchte. Er möchte mit diesen ins Gespräch kommen und auch zuhören. Bei der Frage, welche Partei man noch wählen könne, meinte Oster dann, dass keine einzige Partei ideal sei oder in ihrem Programm ganz dem Evangelium oder unserer gläubigen Überlieferung entspreche. "Es gibt in jeder Partei Punkte, die wir mittragen können und solche, mit denen wir uns auch schwer tun oder die wir ablehnen müssten. Aber wählen Sie eine Partei oder ihre Vertreter, von denen Sie glauben, dass sie insgesamt unsere Gesellschaft mit Hilfe jener freiheitlich-demokratischen Ordnung konstruktiv weiterbringen wollen, auf die sie unsere Verfassungsväter und -mütter gestellt haben und die ehrlich eintreten für das Gemeinwohl und die Würde aller Menschen", schreibt Oster.

Abschließend macht Oster dann seine umstrittenen Aussagen zum „Marsch für das Leben“ zum Thema. Er erinnert daran, dass  er im Jahr 2019 auch als Redner auf der Bühne dabei war und er weiterhin das Anliegen selbstverständlich jederzeit mittrage. Wörtlich schreibt Oster dazu: "Ich bin auch der Überzeugung, dass es die Präsenz der Anliegen des Lebensschutzes im öffentlichen und politischen Raum dringend braucht – gerade auch von Christinnen und Christen. Deshalb bin ich dankbar für jeden und jede, die sich hier engagieren, die mitgehen und die ihr Gesicht zeigen. Ich bin inzwischen aber nicht mehr sicher, ob es tatsächlich genau diese Form der Präsenz ist, die den Anliegen in unserem deutschen Kontext am besten dient. Womöglich lässt sich der Marsch zu leicht beschädigen, zu leicht inhaltlich kapern und dann das Interesse auf Nebenthemen lenken, die nicht die unseren sind. Und ob der Begriff 'Marsch' für die Veranstaltung tatsächlich noch in die Zeit passt, frage ich mich natürlich auch."

Der Bischof von Passau betont dann, dass seine Gedanken jetzt ein Prozess sei, bei dem er nicht entschieden sei. "Und ich lass mir gerne auch gute Gegenargumente gefallen und gehe, wenn sie mich überzeugen, auch gerne wieder mit. Und selbstverständlich bin ich auch offen für gute neue Ideen, um diesem so wichtigen Anliegen für unsere Zeit, mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen."

 

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